Systemische Therapie

Bevor ich an dieser Stelle einige Worte zum Thema "Systemische Therapie" sagen werde, sei festgehalten: Der zentrale Aspekt für eine wirksame Psychotherapie - so haben es diverse Forschungsarbeiten bestätigt - ist die therapeutische Beziehung. Prüfen Sie also mit Herz und Verstand, ob Sie sich beim Therapeuten Ihrer Wahl angenommen und ernstgenommen fühlen. Ist das der Fall und der Therapeut darüber hinaus in der Lage, Sie freundlich mit bestimmten Verhaltens- bzw. Kommunikationsmustern zu konfrontieren, könnte es sein, dass die gemeinsame Suche nach einem "besseren" Leben - was immer das dann im Einzelfall heißt - erfolgreich verläuft.

Hintergründe

Systemische Therapie ist ein spezifischer Therapieansatz, der verschiedene Wurzeln hat. Jede dieser Wurzeln wirkt sich in der therapeutischen Arbeit auf ihre jeweilige Weise aus.


Was bereits in den 1950er Jahren "entdeckt" wurde, ist die Tatsache, dass Krankheiten, mit denen Menschen sich plagen, nicht nur innerpsychisch bedingt, sondern auch stark von den Kontexten geprägt sind, in denen sie leben. Lebt ein Mensch beispielsweise in einer ihn wertschätzenden Familie? Oder ist er fortwährender Kritik ausgesetzt - und was ist sein eigener Anteil in einem solchen Teufelskreis?


Damit ist eine zweite Säule systemischen Denkens angesprochen: Zirkularität. Gewisse Verhaltensweisen bedingen sich gegenseitig, und es ist letztlich unerheblich, an welcher Stelle im System eine Veränderung vollzogen werden kann, so dass insgesamt ein verbesserter Zustand entsteht.


In den 1980er Jahren - bezugnehmend auf die Arbeiten der Biologen Maturana und Varela, sowie des Systemtheoretikers Luhmann - wurde zunehmend die Einsicht berücksichtigt, dass ein "Beobachter" stets Einfluss auf die Dinge nimmt, die er bis dato unbeeinflusst untersucht zu haben glaubte. So bestimmt nicht nur die "Krankheit" eines Klienten die Richtung eines Therapiegesprächs, sondern auch die Bereitschaft und Vorliebe des Therapeuten, in bestimmte Bereiche zu blicken. Ob Therapie zu einer "schweren Arbeit an den persönlichen Abgründen" wird, oder zu einer "spannenden Suche nach verloren geglaubten Fähigkeiten" - all dies gestaltet der Therapeut in seinem kommunikativen Angebot mit. Und er ist gefordert, die zugehörigen Prozesse gewissenhaft zu reflektieren (das gilt allerdings im Grunde für alle therapeutischen Zugänge).


Einen wesentlichen Einfluss auf Systemische Therapie weist auch der (radikale) Konstruktivismus auf, also die Erkenntnistheorie, derzufolge ein objektives Erfassen von Realität nicht möglich ist. Für den Therapeuten hat dies zur Konsequenz - insbesondere im Paar- oder Familiensetting -, dass er gegenüber unterschiedlichen Wirklichkeitskonstruktionen neutral bleibt. Veränderungen werden vor allem hinsichtlich der Mechanismen angestrebt, mittels derer gewisse Wirklichkeitskonstruktionen entstehen.


Speziell auf der "Allgemeinen Systemtheorie" Luhmanns basierend, und mit Gregory Bateson gesprochen, kann Systemische Therapie als ein Prozess verstanden werden, bei dem der Therapeut darum bemüht ist, seinen Klienten - ob Einzelperson, Paar oder Familie - neue Sichtweisen zu ermöglichen. Es geht um Unterschiede, die in weiterer Folge einen Unterschied machen. Unterschiede können die reine Wahrnehmung bestimmter Sachverhalte betreffen, aber auch eine veränderte Erklärung und/oder Bewertung von bereits Bekanntem umfassen.


Zu einem weiteren wichtiger Bestandteil der Systemischen Therapie sind inzwischen die Zugänge der sog. "Lösungsorientierten Kurzzeittherapie" (KZT) gereift, die federführend von De Shazer und Kim Berg in den USA entwickelt worden sind. In der KZT wird davon ausgegangen, dass Problem und Lösung bisweilen wenig miteinander zu tun haben, und dass - in einer Metapher gesprochen - zur Öffnung eines Schlosses nicht die genaue Untersuchung der Beschaffenheit des Schlosses vonnöten ist, sondern: ein Schlüssel. So wäre eine entsprechende therapeutische Frage nicht etwa: "Welche Erfahrung aus Ihrer Kindheit würde dieses Problem erklären können?", sondern: "Wann waren Sie zuletzt beschwerdefrei"?


Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem kurzen Abriss die "Aufstellungsarbeit", wie sie von vielen Menschen (irrtümlich) mit Systemischer Therapie gleichgesetzt wird. Aufstellungsarbeit meint die Repräsentation eines (z.B. Familien-)Systems mithilfe von StellvertreterInnen, seien das reale Personen oder Hilfsmittel (wie z.B. Holzfiguren auf dem "Familienbrett"). All diese Verfahren sind insofern "systemisch" par exellence, als sie es Therapeut und KlientInnen ermöglichen, Beziehungszusammenhänge in ihrer Wechselseitigkeit quasi auf einen Blick zu erfassen. Sie sind auch hilfreich, wenn es darum geht, potenzielle Veränderungen im relevanten System auf ihre Verträglichkeit für alle Beteiligten hin zu überprüfen. Aufstellungsarbeit kann problemlos in einer Einzelsitzung vollzogen werden. Und bisweilen genügt es - ganz ohne Hilfsmaterialien -, in der eigenen Vorstellungswelt kleine Veränderungen auszuprobieren.

Anwendung

Vor dem Hintergrund ihrer konstruktivistischen Wurzeln wird im Rahmen einer systemischen Therapie nicht vom Therapeuten vorgegeben, was das Ziel der Behandlung ist. Der Therapeut kann es niemals besser wissen als die KlientIn! Mit dem lösungsorientierten Ansatz im Handgepäck ist es zudem von vornherein wichtig abzuklären, woran die KlientIn erkennen können wird, dass ihr Ziel erreicht ist.


Auch wenn nach einem Erstgespräch gemeinsam besprochen worden ist, worin das therapeutische Ziel bestehen soll, so behält die KlientIn für den Therapieprozess insoweit die Zügel in der Hand, als sie Sitzung für Sitzung entscheiden kann, was momentan für sie die wichtigsten Themen sind. Diese Haltung wird auch deswegen eingenommen, um die Autonomie der KlientIn zu wahren (entgegen gewisser Abhängigkeitspotenziale in anderen therapeutischen Kontexten).


Da im systemischen Selbstverständnis davon ausgegangen wird, dass eine therapeutische Sitzung eine "Anregung" verkörpert, die dann im realen Leben umgesetzt werden will, ist es nicht unüblich, längere Abstände zwischen einzelnen Terminen zu vereinbaren. Ich persönlich arbeite maximal einmal pro Woche mit einer KlientIn, häufiger ist ein 14-tägiger Rhythmus, der außerhalb von gravierenden Krisenzeiten auch auf 4-wöchige Abstände und mehr ausgedehnt werden kann.


Die Anliegen vieler KlientInnen können in einem Rahmen von 5-15 Sitzungen zufriedenstellend bearbeitet werden. Gleichwohl ist es nicht unüblich, auch 30 oder mehr Sitzungen in Anspruch zu nehmen. Manche KlientInnen brauchen überhaupt nur eine Stunde, um einen Anstoß zur Veränderung zu bekommen, der dann ausreicht. In jedem Falle ist systemische Therapie keine Psychoanalyse, bei der oftmals mit mehreren hundert Stunden - teils mehrere pro Woche - kalkuliert werden muss.


Speziell für einen Paar- und Familienkontext ist die unter "Hintergründe" angesprochene Neutralität in der systemischen Therapie so zu verstehen, dass ich durchaus engagiert bin, mich in jeweilige Perspektiven, Weltbilder und daraus resultierende Bedürfnisse und Wünsche einzustimmen; gleichzeitig bleibt die Herausforderung bestehen, unterschiedliche Ansprüche verhandelbar zu machen. Die Neutralität ist nach meinem Verständnis dann gewahrt, wenn keine der anwesenden Personen nach einer Sitzung mit dem Gefühl den Raum verlässt, ihre Perspektiven seien unzureichend berücksichtigt worden.


Die Anwendung systemischer Therapie ist übrigens nicht auf einzelne Problematiken bzw. Störungsbilder spezialisiert. Zwar ist es naheliegend, Symptomatiken, die aus Kommunikationsschwierigkeiten in Beziehungen - Partnerschaft wie Familie - herrühren, in einem Mehrpersonenkontext zu behandeln; gleichwohl hat sich systemische Therapie auch im Einzelsetting bewährt - bei Depressionen, Ängsten, Zwängen, psychosomatischen Beschwerden uvm.

Kosten

Einzelstunde 110 € / 50min


Doppelstunde 220 € / 90min

Insbesondere bei Paar- und Familientherapien macht es Sinn, zumindest das Erstgespräch auf 90 Minuten anzusetzen, um neben dem Abklären des Rahmens bzw. der Ziele noch Zeit zu haben, erste Veränderungsimpulse zu setzen. Es ist aber auch im Rahmen einer laufenden Therapie möglich, die Variante einer "Doppelstunde" zu wählen, damit die Perspektiven aller anwesenden Personen in ausreichendem Maß einbezogen werden können. Eine Doppelstunde wird nicht "verordnet", sondern stets gemeinsam vereinbart.

Dialogisch-Systemische Aufstellungsarbeit

Aufstellungen sind eine spezielle Art systemischen Arbeitens und haben sich – in unterschiedlichen Aufstellungsformaten – längst über den Kontext therapeutischen Tuns hinaus auch in anderen Anwendungsgebieten bewährt.

Ausgangspunkt ist stets das innere Bild einer Person von einer bestimmten Konstellation, wie relevante Personen (z.B. eine Familie), aber auch innere Anteile (z.B. Angst, ein früheres Ich) oder Erfahrungen/Situationen zueinanderstehen. Dies wird in der Regel durch Blickrichtung und Abstände von StellvertreterInnen symbolisiert, denen im Raum ein Platz zugewiesen wird.

Als Aufstellungsleiter frage ich über den Prozess einer Aufstellung hinweg immer wieder die Befindlichkeiten dieser StellvertreterInnen ab. Deren Auskünfte, aber auch das vorab erarbeitete Anliegen der Person, in deren Auftrag die Aufstellung durchgeführt wird, sind Grundlage für Veränderungsschritte (z.B. einen anderen Abstand ausprobieren, Grenzen ziehen, eine Verantwortung mittels Symbolik und/oder rituellem Satz zurückgeben, eine „Kraftquelle“ hinzustellen), die von mir angeregt und dann wiederum über die Rückmeldungen der StellvertreterInnen auf ihre Wirkung hin überprüft werden.

Beispiel einer Aufstellungsarbeit

Dabei zeigt sich einerseits oft, wie Familienmitglieder mit transgenerationalen Themen „verstrickt“ sind und dadurch in gegenwärtigen Lebensvollzügen nicht in ihrer vollen Kraft stehen bzw. für Beziehungen frei sein können. Andererseits tauchen in Aufstellungsprozessen oft jüngere Persönlichkeitsanteile auf, die eine als traumatisch erlebte Situation nicht ausreichend verarbeiten konnten, wodurch wiederum der erwachsene Mensch in gegenwärtigen Situationen Blockaden erlebt.

Ressourcenorientiertes Bearbeiten solcher Hintergründe kann dabei helfen, das Ausgangsbild in eine neue Perspektive hinein zu wandeln. Als zentral dabei erachte ich die über Aufstellungen ermöglichte Chance, einer solchen neuen Perspektive nicht nur auf der kognitiven Ebene zu begegnen, sondern sie als eine ganzheitliche, körperlich spürbare Erfahrung zu begreifen und zu verankern (die AuftraggeberIn einer Aufstellung wechselt in aller Regel von der beobachtenden Außenposition in die Innenperspektive, sobald im Aufstellungsprozess zentrale Veränderungsschritte anstehen).

Entgegen bisweilen verbreiteter Ideen, mit einer Aufstellung sei dann das „Problem“ einer Person gelöst, sehe ich das Schlussbild einer Aufstellung eher als Ausgangspunkt für eine neue und zumeist als freier erlebte Art, ins eigene Leben zu blicken und dieses der eigenen Wahl entsprechend zu gestalten.

Die Bezeichnung „Dialogisch-Systemische Aufstellungsarbeit“ betont übrigens die kooperative Natur des Aufstellungsprozesses, der immer wieder mit der AuftraggeberIn rückgekoppelt wird und deren Impulse für weitere Schritte ernst nimmt (entgegen früherer Varianten von Aufstellungen, bei denen sich manche AufstellungsleiterIn fast ausschließlich von bestimmten Ordnungsprinzipien leiten ließ).

Ich biete Aufstellungen mindestens einmal im Quartal an, organisiert als „Aufstellungstag“ von 9-17h. Hierbei ist Platz für vier Anliegen, die in einem Personenkreis von meist 10-15 Personen im Format einer Aufstellung bearbeitet werden. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier bereitgestellt:

Die Termine für 2025 werden in Kürze bekanntgegeben.

Kosten im Rahmen eines Aufstellungstages

Teilnahme mit eigenem Anliegen: 250 € / Aufstellungstag

Teilnahme als RepräsentantIn: 100 € / Aufstellungstag